Angehörigenarbeit

Wer sind Angehörige?

Angehörige im Sinne des § 11 Abs. 1 Strafgesetzbuches sind:

a) Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist.

Was erleben die Angehörigen?

Die Angehörigen der straffällig gewordenen Menschen bleiben innerhalb der Gesellschaft und Wissenschaft undurchsichtig/ unterpräsentiert bzw. ihnen wird wenig Interesse entgegengebracht. Zudem werden sie durch die begangenen Straftaten des Lebenspartners/der Lebenspartnerin, ihres Kindes etc. häufig medial/gesellschaftlich in einem Kontext zum straffälligen Verhalten gestellt. Die Angehörigen werden den gesellschaftlichen und familiären Ansprüchen und Erwartungen ungewollt ausgesetzt. Der Verein möchte die Angehörigen in dieser Phase (vor, während und nach der Haftzeit) begleiten und die Erlebnisse gemeinsam aufarbeiten bzw. sie nicht auf sich selbst gestellt lassen.

Kinder von Inhaftierten

Die Kindheit und Jugend, die Sozialisation und biographische Erfahrung/Erlebnisse sind eine bedeutende Phase im Leben eines Menschen. Eine Inhaftierung eines Elternteils oder einer Bezugsperson tragen zu einer erheblichen Belastung bei. Die Kinder benötigen u.a. seelische und körperliche Wertschätzung, um eine soziale Bindung zu ihren Eltern bzw. Bezugspersonen entwickeln zu können. Des Weiteren werden die Kinder oder Jugendlichen durch die Inhaftierung sozial isoliert (Kontakt zum Elternteil während der Haft nur zu Besuchszeiten möglich, Freunde distanzieren sich etc.) und erleben gleichzeitig einen schmerzhaften Verlust. Die Entwicklungschancen (schulische Leistungen etc.) werden ebenfalls ggf. beeinträchtigt. Zudem werden sie häufig verschiedenen Personen zur Betreuung überlassen. Der Verein soll die Kinder, Jugendliche in dieser Phase (vor, während und nach der Haftzeit der Bezugsperson) begleiten und unterstützen, ihnen helfen die Erlebnisse aufzuarbeiten.

LebenspartnerInnen

Die Inhaftierung einer Lebenspartnerin oder eines Lebenspartners tragen zu einer emotionalen Belastung/Trennung bei, weil diese ungewollt u.a. zwischen den innerfamiliären und gesellschaftlichen Erwartungen stellvertretend die Verantwortung für die Straftaten übernehmen. Sie sind zwischen den individuellen und den Partnerschaftlichen/ Ehelichen Erwartungen/dem Druck anhaltend ausgesetzt. Zudem müssen sie mit der neuen Lebenssituation als alleinerziehende, um die gesellschaftliche, innerfamiliäre Anerkennung ringen. Sie fangen an zu funktionieren, statt sich auf ihre eigenen Emotionen zu konzentrieren. Das vorherige Zusammenleben wird durch die Inhaftierung ad hoc unterbrochen, wodurch u.a. eine neue Wohnsituation entstehen kann. Im Rahmen der Besuchszeiten innerhalb der Justizvollzugsanstalt können nicht alle Lebensereignisse mit dem Lebenspartner/ der Lebenspartnerin diskutiert/ thematisiert werden, sodass die Belastung eigenständig bewältigt werden muss.

Einzelfallhilfe für Angehörige
  • Unterstützung bei Behördenangelegenheiten (Kontaktaufnahme, Terminierung etc.)
  • Beratung und Begleitung in persönlichen bzw. prekären Lebenslagen ggf. Vermittlung in weiterführende Beratungsstellen (Schuldnerberatung etc.)
  • Beratung und Begleitung in Bezug auf die alleinerziehende Elternrolle (z.B. wie erziehe ich mein Kind etc.)
  • Vermittlung von weiteren Hilfsangeboten.

Darüber hinaus erhalten die Angehörigen Informationen über die Strukturen innerhalb des Strafvollzuges:

  • Wie gestalten sich die Besuche bzw. Besuchszeiten (Antragsstellung, Überprüfung etc.) innerhalb einer Justizvollzugsanstalt? Was darf ich zum Besuch mitnehmen?
  • Wie gestaltet sich der Alltag eines Inhaftierten (Freizeitangebote, Präventionsmaßnahmen etc.)?
  • Wie geht es nach der Haftentlassung weiter (Strafe auf Bewährung etc.)?
  • Was ist ein Vollzugsplan (Erwachsener Strafvollzug) oder ein Erziehungs- und Förderplan (Jugendstrafvollzug)?
OYA e.V. - Hilfe für straffällig gewordene Personen und ihre Angehörigen